1933 – Rückkehr nach Chemnitz

Marianne Brandt durchlebt unterschiedliche politische Systeme, bleibt aber zeitlebens eher unpolitisch. Nach der Machtergreifung durch das NS-Regime findet sie als ehemalige Bauhäuslerin keine auskömmliche Beschäftigung. Deutschland unter Hitler findet sie „unerträglich“ und emigriert im Mai 1933 nach Oslo. Wenige Wochen später bitten sie die Eltern, zur Pflege des kranken Vaters zurück nach Chemnitz zu kommen. 40 Jahre alt kehrt sie in das Wohnhaus der Eltern auf dem Kassberg zurück.

In einem Brief vom 03. November 1934 an den alten Freund Bernhard Bernson gesteht sie:
 
“ es ist von mir nichts besonders erfreuliches zu melden, u. ich möchte mich sogar beinahe recht unglücklich nennen, wäre das nicht undankbar gegen das gütige geschick in form meiner eltern, durch welche ich ein sog. sorgenfreies dasein friste, dach überm kopf, kleidung, essen u. bescheidene bürgerliche vergnügungen, aber merkwürdig, ich bleibe doch ein fremder vogel hier, nichts wäre mir lieber als davonfliegen! komme mir lächerlich, überflüssig u. falsch am platze vor.“
 
Und weiter schreibt sie:
 
„ich tue garnichts, was mich befriedigen könnte. das einzige ist noch fotographieren, aber da es geld kostet erlahmt auch hier der mut. entwerfen oder malen kann ich hier keinesfalls, dazu bin ich zu deprimiert u. habe allzuviel störungen, der zweck meines daseins wird mir allmählich schleierhaft.“
 
Neben Zweifeln am Dasein und ihrer Bestimmung umfängt sie Einsamkeit. Im Frühjahr 1935 wird ihre Ehe mit Erik Brandt geschieden, am 29. Dezember 1936 stirbt ihr geliebter Vater.
 

Erst im August 1939 entschließt sie sich, der Reichskulturkammer beizutreten. Sie wird aber weiterhin behindert, ein auskömmliches Einkommen zu erzielen.Mangels Möglichkeit, Metallentwürfe selbst herzustellen, greift Marianne Brandt wieder zu Stift und Pinsel und widmet sich vorzugsweise Landschaften und religiösen Themen.

Buch "ART and INDUSTRIES" - Moholy-Nagys Geschenk an M. Brandt 1935. Fotos: Dirk Hanus

Auch von Chemnitz aus hält Marianne Brandt Kontakt zu alten Weggefährten aus der Weimarer und Dessauer Bauhaus-Zeit.

Besonders verbunden bleibt sie ihrem Mentor László Moholy-Nagy. In einem Brief vom 20. Februar 1935 empfiehlt er ihr, für ihr berufliches Fortkommen Englisch zu lernen. Das angekündigte Buch „Art and Industry“ von 1934, in dem auch sie Erwähnung findet, schenkt er ihr Weihnachten 1935.

Es befindet sich heute als großzügige Schenkung der Witwe Karl Clauss Dietels, Maria Dietel, im Eigentum der Marianne Brandt Gesellschaft.